Cortisol gewinnt in den letzten Wochen und Monaten immer mehr an Bedeutung. Gerade auf TikTok und auf YouTube wird es geradezu zu einem Trendthema. Doch was steckt eigentlich hinter diesem Hormon, das unser Körper bei Stress produziert? In diesem Beitrag schauen wir uns an, welche Rolle Cortisol in unserem Körper spielt und warum es eine zentrale Bedeutung für unser Wohlbefinden hat.
Cortisol: Das Stresshormon
Cortisol wird von den Nebennieren gebildet und ist ein Teil unserer natürlichen Stressreaktion. Wenn unser Körper Stress wahrnimmt – sei es durch physische Belastungen, seelische Herausforderungen oder äußere Umwelteinflüsse – wird Cortisol ausgeschüttet, um uns zu helfen, auf diese Herausforderungen zu reagieren. In kleinen Mengen ist es ein sehr nützliches Hormon, das uns in belastenden Momenten unterstützt.
Die wichtigsten Funktionen von Cortisol
Cortisol ist nicht nur ein Stresshormon, sondern ein echter Allrounder in unserem Stoffwechsel. Es hat folgende Aufgaben:
- Energie bereitstellen: Cortisol sorgt dafür, dass in stressigen Situationen Energie aus Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen mobilisiert wird, um den Körper für schnelle Reaktionen zu wappnen.
- Blutzuckerspiegel regulieren: Es erhöht den Blutzuckerspiegel, um dem Gehirn eine konstante Energieversorgung zu bieten, was in Stresssituationen besonders wichtig ist.
- Entzündungshemmend wirken: Cortisol unterdrückt entzündliche Reaktionen und hilft dem Körper, Entzündungen zu bekämpfen.
- Immunfunktion beeinflussen: Es wirkt direkt auf das Immunsystem, indem es in stressreichen Zeiten bestimmte Abwehrprozesse herunterfährt, damit der Körper sich auf den „Kampf oder Flucht“-Modus konzentrieren kann.
Wann wird Cortisol ausgeschüttet?
Unser Cortisolspiegel schwankt im Tagesverlauf und erreicht morgens einen Höhepunkt. Das hilft uns, in den Tag zu starten. Über den Tag sinkt der Spiegel, bis er abends auf einem niedrigen Niveau angelangt ist und so einen erholsamen Schlaf ermöglicht. Diese natürliche Rhythmik kann jedoch durch anhaltenden Stress gestört werden und zu dauerhaft erhöhtem Cortisol führen.
💡So kannst du dein Cortisol Level im Blut messen.
Cortisol Spiegel
Die Messung des Cortisolspiegels ist keine Routineuntersuchung und wird in der Regel nur durchgeführt, wenn ein Verdacht auf hormonelle Ungleichgewichte, wie eine Nebennieren- oder Hypophysenerkrankung, besteht. Endokrinologinnen und Endokrinologen – also Fachärztinnen und Fachärzte für Hormonerkrankungen – können den Cortisolspiegel über verschiedene Methoden bestimmen:
1. Bluttest
Die häufigste Methode zur Messung von Cortisol ist ein Bluttest, der in den Morgenstunden durchgeführt wird, da der Cortisolspiegel am Morgen normalerweise am höchsten ist. Ein später Test am Abend kann ebenfalls aufschlussreich sein, da die Werte im Tagesverlauf stark schwanken. Chefarzt Dr. Kittner betont, dass die Interpretation dieser Werte komplex ist und nur von einem endokrinologisch geschulten Arzt vorgenommen werden sollte, um Fehldiagnosen zu vermeiden.
2. Speicheltest
Eine weniger invasive Methode ist die Messung des Cortisolspiegels im Speichel. Hierbei wird meist ein „Tagesprofil“ erstellt, bei dem der Speichel zu mehreren Zeitpunkten im Verlauf eines Tages gesammelt wird, um ein genaues Bild der Cortisolschwankungen zu erhalten.
3. Urin-Test
Ein 24-Stunden-Urin-Test misst die gesamte Cortisolausscheidung eines Tages und gibt Aufschluss darüber, ob der Cortisolspiegel im Durchschnitt erhöht ist. Diese Methode ist vor allem hilfreich, um chronisch erhöhte Cortisolwerte zu erkennen.
Die Messung und Interpretation des Cortisolspiegels erfordern Fachwissen, da die Werte stark von Tageszeit und Stresssituationen beeinflusst werden.
Cortisol Normalwerte
Wird der Cortisolspiegel aus morgens entnommenem Blutserum analysiert, so gelten folgende Richtwerte als normal:
- Erwachsene: 4,8–19,5 µg/dl (entspricht 133–537 nmol/l)
- Jugendliche: 1,7–29,3 µg/dl (entspricht 47–814 nmol/l)
- Kinder: 2,1–20,5 µg/dl (entspricht 58–568 nmol/l)
Wird der Cortisolspiegel aus 24-Stunden-Sammelurin bestimmt, so gelten diese Referenzwerte:
- Erwachsene: 21–292 µg/24h
- Jugendliche: 15–224 µg/24h
- Kinder: 6–123 µg/24h
Warum hat man zu viel Cortisol im Blut?
Ein hoher Cortisolspiegel kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, die weit über den normalen Stress hinausgehen. Stellt Ihr Arzt oder Ihre Ärztin im Blut, Speichel oder Urin erhöhte Cortisolwerte fest, ist Ursachenforschung notwendig, da die Werte – insbesondere morgens und abends – stark schwanken. Gemeinsam mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin lässt sich herausfinden, was die Ursache sein könnte und welche Schritte zur Regulierung hilfreich sind.
Chronischer Stress ist oft die zentrale Ursache, aber auch emotionale und körperliche Belastungen sowie Hormonumstellungen (z. B. in der Schwangerschaft) können den Cortisolspiegel erhöhen. Andere Ursachen sind:
- Alkoholsucht und Depressionen: Diese Zustände stehen in engem Zusammenhang mit erhöhten Cortisolwerten und können das Gleichgewicht der Hormonproduktion beeinflussen.
- Unterzuckerung: Ein niedriger Blutzuckerspiegel zwingt den Körper, vermehrt Cortisol auszuschütten, um Energie bereitzustellen.
- Erkrankungen der Nebennierenrinde: Wucherungen, Tumore oder Funktionsstörungen in den Nebennieren können zu einer erhöhten Cortisolproduktion führen.
Cushing Syndrom und Hyperkortisolismus
Wenn die Werte dauerhaft über das normale Maß hinaus ansteigen, sprechen Ärztinnen und Ärzte von Hyperkortisolismus oder dem Cushing Syndrom. Häufigste Ursache ist die Einnahme von Glucocorticoiden bei bestimmten Erkrankungen. Tumoren in der Nebennierenrinde oder ACTH-produzierende Tumore in der Hirnanhangsdrüse können eine übermäßige Cortisolausschüttung verursachen. Symptome des Cushing Syndroms umfassen typische Merkmale wie Gewichtszunahme in der Körpermitte und das sogenannte „Vollmondgesicht“.
Warum hat man zu wenig Cortisol im Blut?
Ein Mangel, auch als Hypokortisolismus bezeichnet, tritt auf, wenn die Nebennierenrinde oder das Gehirn zu wenig Cortisol produziert. Diese chronisch erniedrigte Konzentration kann verschiedene Ursachen haben und bringt oft erhebliche gesundheitliche Beschwerden mit sich.
Die häufigsten Ursachen für einen Mangel sind Funktionsstörungen der Nebennierenrinde (Nebenniereninsuffizienz) und seltener auch Erkrankungen im Gehirn, insbesondere in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), die das Hormon ACTH produziert und die Cortisolausschüttung steuert. Die Ursachen lassen sich in drei Hauptformen unterteilen:
- Primärer Hypokortisolismus (Morbus Addison)
Bei Morbus Addison liegt die Störung direkt in der Nebennierenrinde, häufig aufgrund einer Autoimmunerkrankung, die die Nebennieren angreift und zerstört. Seltene Ursachen sind Blutungen, Tumoren, Infektionen wie Tuberkulose oder chirurgische Eingriffe, bei denen die Nebenniere entfernt wurde. Neben den typischen Symptomen eines niedrigen Cortisolspiegels erleben Betroffene oft starken Flüssigkeitsverlust, Unterzuckerung und eine auffällige Pigmentierung der Haut. - Sekundärer Hypokortisolismus
Wenn die Ursache im Gehirn – genauer gesagt in der Hypophyse – liegt, spricht man von sekundärem Hypokortisolismus. Häufige Ursachen sind gutartige Tumore (Adenome) oder ein abruptes Absetzen von Kortison nach einer Langzeittherapie. Diese Form kann ebenfalls zu niedrigen Cortisolwerten und damit zu anhaltender Erschöpfung und Schwäche führen. - Tertiärer Hypokortisolismus
Liegt das Problem in der übergeordneten Steuerung im Thalamus, spricht man von tertiärem Hypokortisolismus. Hier können Traumata oder Entzündungen den Regelkreis stören und die Hormonproduktion aus dem Gleichgewicht bringen.
Effekte einer Dysbalance
Was passiert bei chronisch erhöhtem Cortisol?
Ein dauerhaft hoher Spiegel kann weitreichende Folgen haben und das Risiko für Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlafstörungen erhöhen. Auch das Gehirn kann betroffen sein, da chronisch hohes Cortisol die Nervenzellen im Hippocampus – dem Bereich, der für Gedächtnis und Lernfähigkeit zuständig ist – schädigen kann. Typische Symptome eines erhöhten Cortisolspiegels sind zudem Konzentrationsprobleme und ein beeinträchtigtes Erinnerungsvermögen.
1. Schlaf-Wach-Rhythmus und Schlafqualität
Ein hoher Cortisolspiegel beeinflusst den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus. Normalerweise sinkt der Cortisolspiegel am Abend, um den Körper auf die Nachtruhe vorzubereiten. Doch bei einem Cortisolüberschuss bleibt der Spiegel auch abends hoch, was zu Ein- und Durchschlafproblemen führt. Diese verminderte Schlafqualität beeinträchtigt die Regeneration und erhöht das Risiko für weitere stressbedingte Erkrankungen.
2. Steigender Blutzuckerspiegel und Diabetesrisiko
Cortisol sorgt dafür, dass vermehrt Glukose ins Blut abgegeben wird – eine natürliche Reaktion auf akute Belastungen. Ist das Hormon jedoch dauerhaft erhöht, steigt der Blutzuckerspiegel konstant an und das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, erhöht sich deutlich.
3. Psychische Auswirkungen: Niedergeschlagenheit und Angststörungen
Hohe Cortisolwerte können die Stimmung beeinflussen und mit Depressionen sowie Angstzuständen einhergehen. Menschen mit chronisch erhöhtem Cortisol leiden häufig unter Niedergeschlagenheit, Überforderungsgefühlen und Panikattacken. Langfristig kann dies zu einer ernsthaften Beeinträchtigung der Lebensqualität führen.
4. Geschwächtes Immunsystem und häufige Infekte
Cortisol wirkt im Körper entzündungshemmend und unterdrückt das Immunsystem. Bei dauerhaft hohen Cortisolwerten ist das Immunsystem chronisch geschwächt, wodurch das Risiko für Infektionen steigt und auch die Wundheilung verlangsamt ist.
5. Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ein hoher Cortisolspiegel führt häufig zu Bluthochdruck und erhöht das Risiko für koronare Herzerkrankungen. Dies liegt daran, dass Cortisol den Blutdruck und die Herzfrequenz ansteigen lässt – eine chronische Belastung, die das Herz langfristig schwächt.
6. Gewichtszunahme und Fettumverteilung
Dauerhaft hohe Cortisolwerte fördern die Fetteinlagerung, besonders am Körperstamm. Typische Anzeichen sind das sogenannte „Mondgesicht“ und der „Stiernacken“, die durch Wassereinlagerungen und Fettansammlungen entstehen. Auch wird der Muskelabbau gefördert, wodurch das Körperfettverhältnis weiter ansteigt.
7. Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
Chronisch hoher Cortisolspiegel kann die Nervenzellen im Hippocampus schädigen – der Hirnregion, die für Gedächtnis und Konzentration zuständig ist. Dies kann zu Schwierigkeiten beim Fokussieren, Gedächtnisstörungen und einer insgesamt verminderten geistigen Leistungsfähigkeit führen.
8. Hormonelle Störungen und Libidoverlust
Ein erhöhter Cortisolspiegel kann den Hormonhaushalt durcheinanderbringen. Geschlechtshormone werden in geringerem Maße produziert, was zu Libidoverlust und bei Frauen zu Zyklusstörungen führen kann. Auch kann es bei Frauen zu vermehrter Körperbehaarung kommen.
9. Knochenabbau und Osteoporose
Zuviel greift das Knochengewebe an und erhöht das Risiko für Osteoporose. Die Knochen verlieren an Dichte und Festigkeit, was das Risiko für Brüche und chronische Knochenschmerzen erhöht.
Ein dauerhaft erhöhter Spiegel beeinflusst also nicht nur unser Wohlbefinden, sondern kann auch ernsthafte Gesundheitsprobleme verursachen. Wer das Gefühl hat, unter chronischem Stress zu stehen oder typische Symptome wie Schlafstörungen und Gewichtszunahme zu entwickeln, sollte daher gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten nach den Ursachen forschen und langfristige Lösungen entwickeln.
Was passiert bei chronisch niedrigem Cortisol?
Betroffene eines niedrigen Spiegels erleben oft ein starkes Energiedefizit, Leistungseinbrüche und Konzentrationsprobleme. Weitere Anzeichen sind:
- Körperliche Erschöpfung und Muskelschwäche: Die Betroffenen fühlen sich oft müde und ausgelaugt.
- Niedriger Blutdruck und Schwindel: Ein zu niedriger Blutdruck führt zu Kreislaufproblemen, insbesondere bei raschem Aufstehen.
- Magen-Darm-Beschwerden und Übelkeit: Mangel kann die Verdauung beeinträchtigen und zu Übelkeit und Appetitverlust führen.
- Stimmungsschwankungen und depressive Verstimmungen: Hormonelle Dysbalancen wirken oft auch auf die Stimmung und das Wohlbefinden.
In schweren Fällen kann Hypokortisolismus lebensbedrohlich sein und sollte daher stets ärztlich abgeklärt werden. Die Behandlung erfolgt meist durch die Gabe von Medikamenten, die den Hormonspiegel stabilisieren und das Wohlbefinden verbessern können.
Ein Fazit
Cortisol ist ein wichtiges Hormon, das uns hilft, Stress zu bewältigen und den Körper in Balance zu halten. In den kommenden Beiträgen schauen wir uns genauer an, wie du deinen Cortisolspiegel positiv beeinflussen kannst – sei es durch Ernährung, Schlaf oder Entspannungstechniken. In einem der nächsten Beiträge teile ich Tipps mit dir, wie du besser entspannen kannst und dein Cortisollevel reduzierst. Hier schon mal ein Frühstück, mit dem du dein Cortisollevel reduzierst.